Worum geht es bei "Weniger lehren, mehr lernen"?
Traditionell ist die Schule ein Ort für die Vermittlung von Wissen, das hauptsächlich theoretischer Natur ist. Aspekte wie Emotionen, Einstellungen und Werte wurden in den Bereich der informellen Bildung verwiesen und im Klassenzimmer nicht ausreichend behandelt. In der heutigen Welt reicht es jedoch nicht mehr aus, einen Lehrplan mit theoretischen Inhalten anzubieten: Die Kinder müssen auf das Leben vorbereitet werden. Mit diesem Ziel vor Augen wurde das Projekt “Weniger lehren, mehr lernen” ins Leben gerufen.
Unter diesem Motto wurde 2006 in Singapur eine Bildungsreform durchgeführt, die darauf abzielte, die Effektivität des Unterrichts zu verbessern. Mehr Stunden im Klassenzimmer zu verbringen und die Unterrichtsinhalte zu erweitern, ist nicht unbedingt die beste Strategie. Der Schlüssel liegt darin, den Kindern beizubringen, “das Lernen zu lernen” und die Zeit, die sie in der Schule verbringen, sinnvoll zu nutzen.
“Weniger lehren, mehr lernen”, was beinhaltet dieser Ansatz?
Auch wenn es paradox klingen mag, ist es tatsächlich möglich, weniger zu lehren und mehr zu lernen. Das zeigen Auswertungen zum Vergleich der Bildungssysteme verschiedener Länder, wie z. B. die PISA-Studie. In Spanien beispielsweise verbringen die Schülerinnen und Schüler deutlich mehr Zeit im Klassenzimmer als im europäischen Durchschnitt, trotzdem sind ihre Ergebnisse nicht die besten.
In anderen Ländern wie Finnland oder Südkorea hingegen unterrichten die Lehrkräfte weniger Stunden pro Jahr und ihre Bildungssysteme gehören zu den besten. Die Zahl der Unterrichtsstunden kann reduziert werden, wenn der Schwerpunkt darauf gelegt wird, sie sinnvoll zu nutzen und sicherzustellen, dass sie für das Lernen wirklich von Bedeutung sind. Kurz gesagt, es geht darum, den Unterricht besser und effizienter zu gestalten.
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Weniger Arbeitsbelastung
Die Reduzierung der Lehrplaninhalte und der Arbeitsbelastung der Schüler/innen ist eine der Prämissen. Es geht also darum, sie nicht mit Informationen oder mit schulischen oder außerschulischen Aufgaben zu “übersättigen”. Stattdessen geht es darum, eine gute Auswahl der Inhalte zu treffen.
Flexibilität
Die Schulen müssen auf gemeinsame Ziele ausgerichtet sein, aber jede Klasse und jede Lehrkraft hat die Freiheit und Flexibilität, innovativ zu gestalten, was und wie sie unterrichten. Auf diese Weise kann die Pädagogik an die besonderen Bedürfnisse der jeweiligen Kindergruppen angepasst werden.
Gute Lehrkräfte
Es ist wichtig, eine gute Auswahl an Lehrkräften zu treffen und ihre Arbeit zu würdigen. Die Auswahl der Besten und die Bereitstellung ausreichender Ressourcen für ihre Arbeit sind von grundlegender Bedeutung. Wenn man weiß, dass die Lehrkräfte über die notwendigen Fähigkeiten verfügen, ist sichergestellt, dass das Lernen im Klassenzimmer optimal abläuft.
Aufmerksamkeit für Emotionen
Emotionen werden als entscheidender Schlüssel im Lernprozess berücksichtigt. Dazu müssen im Klassenzimmer positive und anregende Umgebungen geschaffen werden, die Begeisterung und Interesse begünstigen und es den Schüler/innen ermöglichen, den Prozess zu genießen.
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Meta-Learning
Wie wir bereits gesagt haben, liegt der Hauptschlüssel des Vorschlags “weniger lehren, mehr lernen” darin, den Kindern zu helfen, “das Lernen zu lernen”. Es geht also nicht so sehr darum, bestimmte Inhalte bestimmter Fächer anzubieten, die bald veraltet sein werden. Vielmehr geht es darum, ihnen das Rüstzeug und die persönlichen Ressourcen an die Hand zu geben, damit sie ihr Leben lang weiter lernen können.
Unter dieser Prämisse wird der Schwerpunkt auf die Entwicklung von Aspekten wie den folgenden gelegt:
- Vermittlung von nützlichen und funktionalen Werten und Haltungen
- Entwicklung von kritischem Denken, analytischen Fähigkeiten und der Fähigkeit zu argumentieren
- Erarbeitung, Entwicklung oder Aneignung eigener Lernstrategien, die sie auf verschiedene Kontexte übertragen und bei Bedarf einsetzen können
- Ermutigung zur Kreativität: Originalität und die Fähigkeit, innovative Lösungen für verschiedene Probleme zu finden
- Lernmotivation und Leistungsorientierung in den Vordergrund stellen, damit die Schüler/innen Spaß am Lernen haben und über die Schulzeit hinaus weiterlernen
- Arbeit an Frustrationstoleranz, Ausdauer und Widerstandsfähigkeit
- Aufbau von Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl
- Autonome Schüler/innen ausbilden, die wissen, wie sie selbst zurechtkommen und nicht nur Befehle und Weisungen befolgen
Kinder auf das Leben vorbereiten
Kurz gesagt bedeutet dieses Motto, dass Lehrer/innen weniger Stunden unterrichten und Schüler/innen weniger Zeit mit Lernen verbringen, aber die Ergebnisse sind viel besser. Das liegt daran, dass wir in die Qualität des Unterrichts investieren und strenge Methoden anwenden, um ihn effizienter zu gestalten. Die Vorteile zeigen sich also in den akademischen Ergebnissen und der Zufriedenheit während der Schulzeit. Zusätzlich bereitet die Kinder auch auf das Leben vor.
Während es vor Jahrzehnten noch üblich war, eine Anstellung zu bekommen und ihn ein Leben lang zu behalten, ist das Umfeld heute anders. Es gibt viele Unsicherheiten am Arbeitsmarkt; zusätzlich steigen dort die Ansprüche. Heutige Schüler/innen werden im Laufe ihres Lebens mit neuen Situationen konfrontiert sein, auf die sie in der Schule nicht speziell vorbereitet wurden. Aber sie werden die Einstellung, die Werte und die persönlichen Strategien haben, um sie zu meistern. Das sollte der eigentliche Gewinn und das übergeordnete Ziel sein.
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