Selbstverletzendes Verhalten bei Teenagern: Was du wissen musst
Wenn du bemerkst, dass dein Kind Schnitte, Blutergüsse oder Verbrennungen hat oder häufig Wunden aufweist, ist es äußerst wichtig, diesen Verletzungen Beachtung zu schenken. Denn selbstverletzendes Verhalten bei Teenagern ist eine stille Art und Weise, mit der sie um Hilfe schreien.
Technisch ist dieses Verhalten als nicht-suizidale Selbstverletzung bekannt. Bis vor kurzem betrachtete das Diagnose- und Statistikhandbuch für psychische Störungen (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) dieses Verhalten als Symptom einer psychischen Störung.
Heutzutage wird selbstverletzendes Verhalten jedoch getrennt von psychischen Erkrankungen behandelt. Die Selbstverletzung bei Teenagern ist ein Problem, das mit alarmierender Geschwindigkeit zunimmt. Denn in den letzten 30 Jahren haben sich die Fälle von Selbstverletzungen weltweit vervielfacht.
Das Alter, in dem selbstverletzendes Verhalten bei Teenagern einsetzt, liegt zwischen 12 und 16 Jahren. Gleichzeitig scheinen sich bis zu 63 % dieser Jugendlichen bis zum Alter von 17 Jahren selbst zu verletzen. Dies zeigt deutlich, dass eine große Anzahl von Jugendlichen von diesem Verhalten betroffen ist.
Mädchen entscheiden sich normalerweise für Verletzungen, bei denen sie Blut sehen können, wie Kratzer und Schnitte. Jungen zielen normalerweise jedoch eher auf Blutergüsse und Verbrennungen ab. Das Seltsame daran ist, dass Mädchen anfälliger für diese Art von Verhalten sind, aber die Rate unter den Jungen viel schneller wächst.
22 % der europäischen Jugendlichen haben sich mindestens einmal in ihrem Leben ohne Selbstmordabsicht verletzt. Dies geht aus einer Studie der Abteilung für Klinische Psychologie und Gesundheit der Universität Madrid hervor. Darüber hinaus gelangten die Forscher zu dem Schluss, dass sich 8% wiederholt selbst verletzen.
Selbstverletzendes Verhalten bei Teenagern und die Frage nach dem „Warum“?
Um dieses Problem klar zu beschreiben, können wir die Selbstverletzung mit einer Droge vergleichen. Es ist eine Art Schmerzmittel, das stärker ist als jedes andere Produkt auf dem Markt. Selbstverletzung „hilft“ Teenagern, ihre Emotionen zu regulieren.
Manchmal treten wiederholt Angst, Wut und Traurigkeit auf und Jugendliche wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Daher bevorzugen sie körperliche Schmerzen, die sie den emotionalen Schmerz vergessen lassen. Es ist eine Art ausweichendes Verhalten, das Spannungen löst und negative Gefühle reduziert.
Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass diese Aktionen in keiner Weise impulsiv sind. Tatsächlich ist sogar das Gegenteil der Fall. Jugendliche planen sie, warten darauf, allein zu sein, und genießen ihr kleines Ritual mit Messern, Zigaretten, Feuerzeugen und scharfen Gegenständen.
Wie bei anderen Abhängigkeiten verspüren Jugendliche unmittelbar nach ihrer Verletzung ein falsches Gefühl des Friedens. Es ist, als würde man eine Dosis eines schnell wirkenden Arzneimittels einnehmen. Das Problem tritt ein, wenn Minuten später die Angst zurückkehrt – zusammen mit Scham- und Schuldgefühlen.
Zwar versuchen diese Teenager nicht, sich selbst umzubringen, doch die Selbstverletzung erhöht die Wahrscheinlichkeit möglicher Selbstmordversuche in der Zukunft. Ein Eingreifen der Eltern ist daher äußerst notwendig, wenn es um Selbstverletzungen bei Teenagern geht.
Gibt es eine Lösung?
Selbstverletzendes Verhalten bei Teenagern ist eine Störung, die unbedingt eine psychologische Behandlung erfordert. Die Jugendlichen müssen verstehen, dass Selbstverletzungen nicht zur Lösung ihrer Probleme beitragen, sondern noch mehr Probleme generieren.
Für Fachkräfte und Eltern ist es wichtig, die Wurzel des Problems zu finden – mit anderen Worten, was auch immer Depressionen, Angstzustände, Essstörungen usw. eines Kindes verursacht.
Viele Therapeuten konzentrieren sich auf Unterrichtstechniken zur emotionalen Selbstkontrolle, wie beispielsweise:
- intensive körperliche Betätigung
- Duschen mit kaltem Wasser
- Schreien
- das Schlagen von Kissen
Organisationen, wie die International Society for the Study of Self-Injury (ISSS), bieten ebenfalls Unterstützung und Orientierung. Sie tun dies durch Therapie, Anleitung und Ressourcen – sowohl für die Patienten selbst, als auch für ihre Familien.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Selbstverletzungen bei Teenagern ein lauter Schrei nach Aufmerksamkeit sind. Wenn du sie frägst, warum sie das tun, werden sie nur noch ängstlicher. Was diese Teenager brauchen, ist viel Verständnis und Einfühlungsvermögen.
„22 % der europäischen Jugendlichen haben sich mindestens einmal in ihrem Leben ohne Selbstmordabsicht selbst verletzt. Darüber hinaus kamen die Forscher zu dem Schluss, dass sich 8 % wiederholt selbst verletzen.“
Selbstverletzendes Verhalten bei Teenagern: Ein Trend mit vielen Anhängern
Das selbstverletzende Verhalten ist zu einem Trend mit eigenem Namen geworden: Cutting. Im Internet findet man sogar Tipps zur Vorgehensweise.
Auf Instagram sind Fotos und Videos von Teenagern verfügbar, die stolz ihre Verletzungen vorführen – sichtbar für jedermann und ganz ohne Filter.
Viele Teenager fangen aus Spaß an, sich selbst zu verletzen. Was sie wollen, ist ein bisschen mehr Adrenalin oder eine Herausforderung, um in der Lage zu sein, einen viralen Hashtag an ihren Wänden zu posten.
Wir sollten jedoch niemals die Anzeichen von Hilfeschreien minimieren. In den meisten Fällen ist eine Selbstverletzung kein Hinweis auf eine Persönlichkeitsstörung. Dies ist jedoch ein Zeichen für ein geringes Selbstwertgefühl, eine Unfähigkeit, gesunde Beziehungen zu führen, und eine geringe emotionale Intelligenz.
Die Auswirkungen von Selbstverletzungen während der Pubertät ist so bedeutend, dass sich eine neue Fernsehsendung, Sharp Objects, offen mit dem Thema auseinandersetzt. Diese und andere Ressourcen, sowie professionelle Interventionen, können dir dabei helfen, dein Kind zu begleiten und eine Lösung zu finden.