Sollten wir unsere religiösen Überzeugungen an unsere Kinder weitergeben?
Immer häufiger wird heute darüber diskutiert, ob Eltern ihre religiösen Überzeugungen an ihre Kinder weitergeben sollten oder ob es besser ist, dies nicht zu tun. In der Vergangenheit war eine solche Diskussion praktisch unvorstellbar. Der Glaube und die damit verbundenen religösen Überzeugungen wurden automatisch von einer Generation an die nächste vermittelt. Dabei erfolgte dies nicht nur durch die Eltern, sondern auch durch die Gesellschaft.
Allerdings hat sich in unserer heutigen Zeit vieles verändert. Das kollektive Denken hat sich weiterentwickelt und das Interesse an der Wahrung der Menschenrechte auf allen Ebenen ist gestiegen. Daher ist die Diskussion darüber entstanden, wie angemessen es ist, den Glauben und die religiösen Überzeugungen unserer Kinder zu beeinflussen.
Während einige Menschen dies als eine moralische Verpflichtung der Eltern ansehen, empfinden es andere als Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Kinder.
Was ist falsch daran, deine religiösen Überzeugungen an deine Kinder weiterzugeben?
Wenn wir versuchen, unsere Kinder respektvoll zu erziehen, dann könnten wir in einen Konflikt mit unserer Erziehungsphilosphie geraten, falls wir unseren Kindern unseren Glauben näherbringen wollen.
Der Glaube sollte unter keinen Umständen auferlegt oder angeordnet werden. Vielmehr sollten wir die Überzeugungen (oder auch das Fehlen dieser) aller Menschen respektieren. Und dies gilt auch in Bezug auf unsere Kinder.
In einigen Religionen werden bestimmte Aspekte des Lebens schlichtweg tabuisiert. Dies kann sich allerdings sehr nachteilig auf die Entwicklung der Kinder auswirken.
Denn Lebensbereiche wie die eigene Identität und Sexualität sollten stets respektvoll und unter Wahrung der individuellen Freiheit behandelt werden. Darüber hinaus sollten sie keinesfalls verurteilt oder negativ bewertet werden.
Es gibt religiöse Überzeugungen, die Gefühle von Ungleichheit, Schuld und Sünde bei Menschen erzeugen. Dadurch kann das Selbstwertgefühl unserer Kinder verletzt und beeinträchtigt werden.
Außerdem belegen wissenschaftliche Studien, dass es durchaus schädlich sein kann, wenn Kindern religiöse Überzeugungen aufgezwungen werden. Daraus können sich Probleme in unseren Beziehungen und manchmal auch irreparable Spannungen entwickeln.
Welche Vorteile hat es, wenn du deine religiösen Überzeugungen an deine Kinder weitergibst?
Andererseits hat Spiritualität auch eine Reihe positiver Auswirkungen. Tatsächlich sind spirituelle und gläubige Menschen oftmals glücklicher, stabiler und besser in der Gesellschaft integriert. Dabei spielt es keine Rolle, welcher Glaubensgemeinschaft sie angehören.
Die Grundwerte, die in fast allen Religionen gelten, sind sehr lehrreich. Sie vermitteln prosoziale Einstellungen wie den Respekt vor dem Leben, Mitgefühl und Freundlichkeit. Das sind sehr wichtige Werte, die wir unseren Kindern von klein auf vermitteln wollen.
Darüber hinaus kann Religion Kindern dabei helfen, zu erkennen, was gut ist und wie sie glücklich sein können. Religion ermutigt uns zur Reflexion und zum Verzeihen und dies nicht nur im zwischenmenschlichen Kontakt.
Außerdem kann Vergebung uns dabei helfen, uns selber von Emotionen zu befreien, die uns verletzen würden, wenn wir sie in uns behalten. Religion ermöglicht uns einen anderen Blickwinkel auf das Leben und unsere Existenz.
Darüber hinaus gibt es wissenschaftliche Studien, die belegen, dass Spiritualität sehr positive Auswirkungen auf unsere Persönlichkeit hat:
- Gläubige Menschen haben eine größere persönliche Stärke und ein besseres Selbstwertgefühl.
- Außerdem sind sie körperlich und psychisch gesünder, neigen seltener zu Drogenkonsum und haben eine bessere Anpassungsfähigkeit. (Sie begegnen dem Leben mit Hoffnung).
- Sie erholen sich besser von Krankheiten und können besser mit Krankheit und Tod umgehen.
Was sollten wir also tun?
- Erziehe deine Kinder nicht einseitig. Es ist wichtig, dass du nicht versuchst, deinen Kindern deine persönlichen Überzeugungen überzustülpen oder ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass dies der einzig richtige Weg sei. Dabei ist es unerheblich, ob du gläubig bist oder nicht. Erkläre ihnen, dass es verschiedene Wege gibt und dass jeder Mensch seinen eigenen Glauben und seine eigenen Überzeugungen hat.
- Wenn du selber nicht religiös bist und keiner Glaubensgemeinschaft angehörst, kannst du einfach abwarten, bis dein Kind dir Fragen stellt. Dann kannst du mit ihm über diese Themen sprechen.
- Wenn aber Religion ein wichtiger Teil deines Lebens ist, dann kannst du deine Kinder dazu einladen, sie gemeinsam mit dir zu praktizieren. Sie werden ihre eigenen Überzeugungen und ihre eigene Spiritualität entwickeln und ihre eigenen Erfahrungen zu diesem Thema machen, wenn sie heranwachsen.
- Allerdings solltest du deinen Kindern erklären, dass religiöse Überzeugungen und Ansichten ein sehr persönliches Thema sind. Daher solltest du ihnen auch erlauben, sich selber zu informieren und dann ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. “Daran glaube ich und es gibt Menschen, die einen anderen Glauben haben. Woran du glaubst, das ist deine ganz persönliche Entscheidung.”
Sprich mit deinen Kindern über ihre Gedanken
- Darüber hinaus solltest du mit deinen Kindern auch über ihre eigenen Vorstellungen sprechen und versuchen, diese zu verstehen. Frage deine Kinder nach ihren Gedanken und ihrer Meinung zum Thema Religion. Ermutige sie dazu, sich kritisch mit der Thematik auseinanderzusetzen.
- Signalisiere deinen Kindern deine Bereitschaft, ihre Fragen zu beantworten. Daher solltest du auch nicht versuchen, ihnen deinen Glauben aufzudrängen. Gib ihnen den Freiraum, sich ihre eigenen Gedanken zu machen. Wenn du eine Frage nicht gleich beantworten kannst, dann solltest du das auch zugeben und versprechen, die Antwort darauf zu finden.
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- Ramírez Navalón, R. M. (2015). Patria potestad y educación religiosa de los hijos menores. Iuris Tantum Revista Boliviana de Derecho, (19), 142-163. http://www.scielo.org.bo/scielo.php?pid=S2070-81572015000100006&script=sci_arttext&tlng=en